Ihre Browserversion ist veraltet. Wir empfehlen, Ihren Browser auf die neueste Version zu aktualisieren.

 

Wissenschaftliche Zusatzinformationen

 

 

 
Unterschied zu den anderen Web-Seiten

Während es bei den anderen Webseiten mein Anliegen war, die Inhalte möglichst allgemein­verständ­lich darzu­stellen, liegt hier der Schwer­punkt auf wissen­schaftlicher, also genauer und detail­lierter, mitunter abstrak­ter Beschrei­bung.


Übersicht

Auf dieser Web-Seite finden Sie folgende Ergän­zungen:

1.    Der Begriff der bereichsbezogenen Lernfähigkeit und das hier verwen­dete Verständnis von „Verbes­serung bereichs­bezogener Lern­fähigkeiten“ werden vorgestellt. ()

2.    Zusatzinformation zur Erstellung der Methode ()

       Sie umfasst

-    den Rahmen, der durch die Systemtheorie von Maturana und Varela und die Theorie des Symbo­lischen Inter­aktionismus gebildet wird ()

-    Theorien und Ansätze mit mittlerem oder kleinem Gegenstands­bereich und Einzel­erkennt­nisse, die in den Rahmen gesetzt werden. Sie kommen haupt­sächlich aus Neuro­wissenschaft, Psycho­logie und Päda­gogik. Einzelne Beispiele werden ange­rissen - etwa Edelmans und Tononis gut belegte Hypo­thesen zum „dyna­mischen Kern­gefüge“ () oder Reuter-Liehrs „Laut­getreue Lese-Rechtschreib­förderung.()

3.    Zusatzinformation zum Geschehen während der Anwendung der Methode ()

       Es wird skizziert, was auf der Interaktions-Ebene und was in Hirn und Psyche des Teilneh­mer geschieht.



1. Lernfähigkeiten und ihre Verbesserung

Die im Alltag gebräuchliche Auffassung von Lernfähigkeit bildete den Ausgangs­punkt, um durch meh­rere aufeinander folgende Vergleiche von Gegeben­heiten des Gegen­stands und dessen sprach­licher Erfas­sung zu dem hier gebil­deten Begriff der bereichs­bezogenen Lernfähig­keit zu gelangen.

Daraus ist das Verständnis von „Verbesserung bereichs­bezoge­ner Lernfähig­keiten“ abge­leitet.

 

1.a                    Begriff der bereichsbezogenen Lernfähigkeit

„Bereichsbezogene Lernfähigkeit“ einer Person bezeichnet deren Poten­zial, sich dauer­haft bzw. über eine Zeit­spanne hinweg Stoff eines Lern­gebiets, das heißt Fakten- oder seman­tisches Wissen und Fertig­keiten bzw. proze­durales Wissen, mit einer bestimm­ten Schnellig­keit und in einem gewissen Ausmaß anzu­eignen und ihn in bestimm­ter Qualität und Geschwin­digkeit anzu­wenden.

Diese Explikation von Lernfähigkeit unter­scheidet sich von anderen (z. B. Dorsch - Psychologisches Wörterbuch; Bern 14 2004 ):

-         Sie bezeichnet eine menschliche Fähigkeit und nicht eine von Organis­men allgemein.

-         Sie schränkt das zu Lernende auf seman­tisches und proze­durales Wissen ein. Anderes Verhal­tensler­nen, etwa durch Klassi­sche Kondi­               tionierung oder Habitu­alisierung, fällt heraus.

-         Sie berücksichtigt, dass dieselbe Person für verschie­dene Lern­gebiete unterschied­liche Befähi­gungen haben kann - wohl jeder kennt Perso­     nen, die etwa Fremd­sprachen mit Leichtig­keit, mathe­matisches Wissen nur mühe­voll erwer­ben (intra­individuelle Vari­ation). Die Expli­kation      bezieht sich auf einen solchen Bereich (deshalb „bereichs­bezogene Lern­fähigkeit“).

aa)                    Die Explikation im Einzelnen

„Fähigkeit“ als aus der Alltagssprache übernommenes Wort verweist auf ein Poten­zial. Es ist aller­dings nur realisiert nachzu­weisen.

„Stoff eines Lerngebiets, das heißt Fakten- oder seman­tisches Wissen und Fertig­keiten bzw. proze­durales Wissen“ – auch Fertig­keiten müssen erworben werden, um bestimmte Lern­ziele zu errei­chen. Zwei Beispiele: Die Verwen­dung von Vokabeln einer Neuen Sprache, ohne dass der Sprecher sich die Bedeu­tung in seiner Mutter­sprache bewusst macht, ist nötig, um die Sprache flüssig zu sprechen. Ein Musik­student mit Haupt­fach Klavier muss die Bewegungs­abläufe der Finger beim Spielen dieses Instru­ments gut aufein­ander abstimmen und mit gewisser Geschwin­digkeit durchführen, damit er das Lernziel in “Spiel­technik“ erreicht.

Die Aneignung mit einer bestimmten Schnelligkeit und in einem gewissen Ausmaß ist zu bestim­men über die Menge bereichsbe­zogenen Wissens, das die entspre­chende Person in einem bestimm­ten Zeitraum erwirbt. Das Ergebnis lässt sich mit einem Wissens­test ermitteln.

Die Anwendung in bestimmter Qualität und Geschwin­digkeit ist zu verstehen als Aufgaben- oder Problem­lösen, bei dem man Lösungs­güte und benötigte Zeit berück­sichtigt.

Dauerhaft bzw. über eine Zeitspanne“: Diese Gedächtnis­kompo­nente lässt sich mit Wissens- und Anwen­dungs­tests zu verschie­denen Zeit­punkten erfassen. Sollten an die Teilneh­mer steigende Erwar­tungen, etwa ausge­drückt in kumu­lierten Lernzielen, gerichtet werden, so sind diese zu berück­sichtigen.


ab)                    Lernbereitschaft als Voraussetzung

 ... um eine bereichsbezogene Lern­fähigkeit zu akti­vieren: Die Person, die etwas lernen will oder soll, muss in der Lern­situation über die nötigen kogni­tiven und moti­vational-emotionalen Voraus­setzungen verfügen.

Kognitive Mindest-Voraussetzungen:

-       Angemessene Wahrnehmungsfähigkeiten. Zum Beispiel kann bei manchen Lega­sthe­ni­kern die die visuelle Wahr­nehmung so einge­schränkt     sein, dass sie Wörter in üblichem Lehr­material nicht adäquat wahr­nehmen (Werth, Reinhard (2003) – Legas­thenie und andere Lese­    störungen; München, 2. aktu­alisierte (Verlag C. H. Beck)

-       Ausrei­chende Gedächtnisfähigkeiten. Das auditive Kurzzeit­gedächtnis ist etwa bei einer anderen Gruppe von Legas­thenikern zu schwach     ausge­bildet, um das zu schrei­bende Wort während des Schreib­vorgangs im Bewuss­tsein präsent zu halten.

-      Beherrschung der Unterrichts­sprache

-      angemessenes Vorwissen, was sowohl die Stoff­kenntnis als auch die der zuge­hörigen Denk­fähigkeiten und Vorstel­lungsweisen angeht

-      ausreichendes Konzentrationsvermögen.

Motivational-emotionale Mindest-Voraussetzungen:

-          Ausreichende Leistungsmotivation (inklusive, wenn nötig, Anstrengungs­bereitschaft)

-          passende Gestimmtheit oder Durchführung von Emotions­regulation.

Während es sich bei den vier zu Beginn genannten kognitiven Voraus­setzungen um struktu­relle Gegeben­heiten handelt, geht es bei der dort zuletzt aufge­führten - Konzentra­tions­vermögen - und bei den moti­vational-emotionalen Voraus­setzungen meistens – aber nicht immer - um Zustände, hier treten also in einem Zeit­abschnitt weit stärkere Vari­ationen auf.
/Zurück zur Übersicht ()/


1.b                    Das hier verwendete Verständnis von „Verbesserung bereichs­bezogener Lern­fähigkeiten“

Wie der oben erläuterte Begriff, so bezieht sich auch „Verbesserung bereichs­bezogener Lernfä­higkeiten“ nur auf seman­tisches und proze­durales Wissen, also auf Wissen um Sach­verhalte und auf Fertig­keiten. Für die meisten Schüler/­innen und Studie­renden sind die Fertig­keiten (das proze­durale Wissen) weiter einzu­schränken auf kognitiv-proze­durales, also „geistige“ Fertig­keiten. Ein Beispiel: Die Anwen­dung von Rechtschreib­regeln für die Groß- und Klein­schreibung fällt überwiegend darunter: Wenn Kinder das Schreiben lernen, müssen sie bei den meisten Wörtern überlegen, ob der Anfangs­buchstabe groß oder klein zu schreiben ist. Nach einigen Jahren treffen sie die Entschei­dung allermeistens „auto­ma­tisch“, als Fertigkeit - nur in Zweifels­fällen ist Nach­denken nötig.

Motorische Fertigkeiten sind in den Künsten und im Sport wichtig.

 

Verbessert sich eine bereichsbezogene Lernfähigkeit, so kann sich dies auf verschie­dene Weise zeigen: Der/die Ler­nende kann

-      sich in einer Zeitspanne mehr Wissensstoff aneignen1a

-      den gelernten Stoff gleich nach der Aneignung besser und/oder schneller anwenden

-      den gelernten Wissensstoff überdauernd bzw. nach einem Zeit­raum (Gedächtniskomponente)

a)  besser wiedergeben (höhere Erinnerungsquote) und/oder

b)  ihn besser und/oder schneller anwenden.

Die Ceremot-Methode ist so konzipiert, das sich Verbesserungen in jedem der Felder, also in Erwerb des ausge­wählten Wissens, dessen Anwen­dung und dessen Verfüg­barkeit über die Zeit, errei­chen lassen.
/Zurück zur Übersicht ()/

 

 


2. Das Wissen zur Erstellung der Methode

Zwei Theorien mit recht großem Gegenstandsbereich bilden den Rahmen, der für die Ent­wick­lung der Methode handlungs­leitend war - die System­theorie von Matu­rana und Varela und die Theorie des Symbo­lischen Inter­aktionis­mus (2.a). In den durch sie aufge­spann­ten Rahmen lassen sich Theorien mit mitt­lerem und kleinem Gegen­standsbereich und einzelne Erkennt­nisse gut einfügen, ebenso Vorgehens­weisen für die Praxis (2.b).


2. a                   Der Rahmen

    aa                 Die Systemtheorie von Maturana und Varela

Die aus der Biologie stammende Systemtheorie von Maturana und Varela schlägt den Bogen von der Lebens- und Funktions­weise des Einzellers bis hin zu sozialen Organi­satio­nen von Tieren und Menschen (Humberto R., Varela, F. J. (1987) – Der Baum der Erkenn­tnis. Die biolo­gischen Wurzeln mensch­lichen Erkennens; Bern u. München, orig. 1984). Auch hat sie die Begriffe „Auto­poiese“ und die hier wichtigen „Koppe­lung“ wie auch „opera­tionale Ge­schlos­senheit“ geliefert. („Koppelung“ steht für den­jenigen Austausch von Lebe­wesen mit der Umge­bung und anderen Lebe­wesen, der zur Verände­rung der erstge­nannten Lebe­wesen führt. Zu „opera­tionaler Geschlos­senheit“ siehe bitte 3.a)

2. ab                 Symbolischer Interaktionismus

Hierbei handelt es sich um eine soziologische Theorie, die haupt­sächlich auf die Arbei­ten von G. H. Mead zurück­geht (Herbert Blumer, Der methodo­logische Standort des symbo­lischen Interaktio­nismus. In: Arbeits­gruppe Biele­felder Sozio­logen (Hrsg.), Alltags­wissen, Interaktion und gesell­schaftliche Wirklich­keit, Bd. 1, Rowohlt, Reinbek 1973; Mead, George H: besonders „Geist, Identität und Gesell­schaft aus der Sicht des Sozial­behaviorismus“; Frankfurt/Main 1973, orig. 1934).
   Die Theorie lässt sich so verste­hen, dass sie die theo­retischen Aussa­gen von Maturana und Varela über soziale Tiere und Menschen weiter­führt und ergänzt. Sie geht von der Ana­lyse der mensch­lichen Interaktio­nen aus und stellt fest, dass es sich dabei vor allem um den Austausch von Symbolen handelt. Für die Erstel­lung der Methode wesent­liche Grundaus­sagen sind: 

-    Interaktionen formen menschliches Verhalten (deckt sich mit Maturanas und Varelas „Koppe­lung 3. Ordnung“ (Maturana und Varela 1, S.        197, 209 f))

-    Menschen interagieren auch mit sich selbst

-    Interaktionen führen zum Aufbau von Identi­täten.

 

 

   /Zurück zur Übersicht ()/

 

2. b             Beispiele verwendeter Theorien und Ansätze mit mittlerem oder kleinem Gegenstands­bereich und von Einzel­erkenntnissen    

In den Rahmen gesetzt habe ich entsprechende Theo­rien, Ansätze und Einzeler­kenntnisse, die mein Verständnis verbes­serten oder die zur Wirksam­keit der Methode beitrugen. zur übersicht­licheren Darstel­lung unterteile ich sie in solche

a)    die aus der Hirnforschung stammen und

b)    die sich mit Veränderungs­prozessen befassen (hauptsächlich aus Psycho­logie und Päda­gogik).

2. ba                Beispiele aus der Hirnforschung

           (1)         Edelman und Tononi: Das dynamische Kerngefüge     

Die Autoren integrieren bei ihrem Vorhaben, das menschliche Bewusstsein zu erklären, eine große Menge von Einzel­erkenntnissen der Neuro­wissenschaften. Sie stellen die These auf – und begründen sie – dass für das Phäno­men des Bewuss­tseins ein beson­derer funktionaler Cluster von Neuro­nen des thalamo-corti­calen Systems nötig ist (umfasst die Großhirn­rinde (Cortex) und ein an Bewusstseins­prozessen immer beteiligtes, zentral gele­genes Areal des Zwischen­hirns).  Dieser Cluster

-    enthält Strukturen aus ganz unterschiedlichen Bereichen des thalamo-corticalen Systems, er ist „weit­räumig organi­siert“(Edelman, Gerald M.; Tononi, G – Gehirn und Geist. Wie aus Materie Bewusst­sein ent­steht; München 2002, S. 196; Original: A Universe of Concious­ness. How Matter becomes Imagi­nation; New York 2000)

-    ist integriert, er grenzt sich nämlich gegen die nichtzu­gehörigen neuronalen Gruppen durch starke Wechsel­wirkungen („re-entrante Interaktionen“, wie oben, S. 196) innerhalb der beteiligten Areale ab

-    hat hohe Komplexität in einem bestimmten Sinn: Dem Cluster gehören zum einen neuronale Gruppen mit „perma­nent variie­renden integrierten Aktivitäts­mustern“(wie oben, S. 179) an. Zum anderen können die Neuronen­gruppen, die gleichzeitig synchron feuern, ständig wechseln .

Immerzu wandelt sich der Cluster – mal leicht, mal stark. Er hat also die Form eines Prozes­ses. - Der Cluster kann sich sogar in wenigen Zehntel­sekunden völlig umstruk­turieren. Dies stimmt mit dem bewuss­ten Erleben überein: Ein plötzlicher intensiver und unerwar­teter Reiz kann den vorhe­rigen Bewusst­seinsinhalt völlig verdrängen und ganz andere Gefühle aktivieren.
      Um die Charakteristika des Clusters herauszustellen, bezeichnen ihn Edelman und Tononi als „dyna­misches Kern­gefüge“ (dynamic core).

Um bei der Entwicklung der Methode die in Erwägung gezogenen einzelnen Interventionen voraus­schauend auf ihre Brauch­barkeit zu testen, dienten mir die Vorstel­lungen zum dynamischen Kern­gefüge als Modell. Es unter­stützte mich dabei, Voraus­sagen darüber zu treffen, welches Geschehen nach Intervention X auf Bewusstseins- bzw. psy­chischer Ebene und welches auf Hirn­ebene zu erwar­ten ist.

/Zurück zur Übersicht ()/

 
2. ba (2)          Die Rolle des Schlafs für das Gedächtnis

… als ein Beispiel für eine neurowissenschaftliche Erkenntnis: Während des Nacht­schlafs festigt sich ein Teil des tags zuvor Erlerntes (Stickgold, Robert – Sleep-dependent memory consolidation; Nature 437/ 27, Oct. 05, S. 1272 - 1278; oder auf deutsch und gut verständ­lich: Born, Jan; Kraft, U. – Lernen im Schlaf – kein Traum; Spektrum der Wissenschaft, Dossier 4/05: Die Welt im Kopf, S. 38 - 45)

2. bb                Wissen um Veränderungsprozesse – drei Beispiele

Drei Formen konnte ich ad hoc unterscheiden, zu jeder ein Beispiel:

   (1) Wissen aus Theorien und Modellen; als Beispiel führe ich ein Modell zum selbst­gesteuerten Lernen an.

   (2) Wissen, das vor allem aus der Alltagspraxis erwachsen ist; Beispiel Selbst­instruktionen.   

   (3) Wissen in Vorgehensweisen. Hier ist theoretisches Wissen eingegangen, in der Ausein­ander­setzung mit der Praxis ist es aber entweder stellen­weise abge­ändert und/oder diffe­renziert worden - oder das theore­tische Wissen stellt das Funda­ment für eine neue Vorgehens­weise dar.
       Für die Ceremot-Methode sind Vorgehensweisen aus Beratung, Psychotherapie und Pädagogik über­nommen worden. Als Beispiel eine päda­gogische Vorgehens­weise zur
Lese-Rechtschreib­förderung.



2. bb (1)          Als Beispiel für Wissen aus Theorien und Modellen: Das Modell des selbstgesteuerten Lernens nach Schiefele und Pekrun

Hier (Schiefele, U. ; Pekrun, R. –Psychologische Modelle des fremdgesteuerten und selbst­gesteuer­ten Lernens; in: Enzy­klopädie der Psycho­logie, Themen­bereich D, Serie I, Bd. 2, S. 249 – 278, Göttin­gen 1996) wird voraus­gesetzt, dass Prozesse der Selbststeuerung beim schulischen und universi­tären Lernen notwendig sind. Wenn ein Lernen­der zum Beispiel seine Absicht, Vokabeln zu lernen, in die Tat umsetzt, steuert er sich dabei – seinen Griff zum Voka­belkärt­chen, die Ausrichtung seiner Aufmerk­samkeit, seine Blick­bewe­gungen … Die wesent­lichen Bereiche des Modells sind Lernpro­zesse und interne wie auch externe Lern­steuerung. Während der Lern­prozesse werden laut Modell immer Abfolgen von Planung, Durch­führung und Bewer­tung durchlaufen. Die interne Lern­steuerung umfasst die emotionalen, motiva­tionalen, kogni­tiven und meta-kognitiven Zustände oder Prozesse während der genannten Phasen des Lernpro­zesses. Mit der Kate­gorie „externe Lernsteu­erung“ erfasst man Merkmale der Situation und der Lernum­gebung – von den Charakte­ristika der Aufgabe, die dem Lernen­den gestellt wird, bis zu den rechtlichen Rahmen­bedingungen.
     Für die Methode ist aus der großen Menge von Daten, die zu berücksichtigen vorgeschlagen wird, nur ein Teil aufzu­greifen – besonders der zur internen Lernsteu­erung bei Planung und Durch­führung.


2. bb (2)          Als Beispiel für Wissen aus der Alltagspraxis: Selbstinstruktionen

Hierbei handelt es sich um Anweisungen, die eine Person sich selbst in Sprachform gibt, meist in Gedan­ken - zum Beispiel „Jetzt den Text zusammen­fassen!“ Sie dienen der Steuerung des eigenen Verhal­tens. Viele Menschen setzen Selbstin­struktionen von selbst mit guter Wirkung in ihrem Alltag ein.
       Ungünstige oder fehlende Selbstinstruktionen können aber zu unwirksamem Verhalten führen, zum Beispiel bei der Stress­bewältigung, und auch dazu beitragen, psychi­sche Erkran­kungen aufrecht­zuerhalten.
       Hilfreiche Selbstinstruktionen werden unter anderem bei Lern- und Leistungs-Störun­gen eingesetzt, zur Impuls­kontrolle – etwa bei Ess-Störungen - und zur Stress­bewältigung.

Für die Methode ist es sinnvoll, darauf hinzuwirken, dass manche Teilnehmer sich an passenden Stellen selbst instruieren, etwa dieje­nigen, die Schwierig­keiten haben, eine Abfolge von Handlungs­schritten umzu­setzen.
 

2. bb (3)          Als Beispiel für Wissen in Vorgehensweisen: Reuter-Liehrs „Lautgetreue Lese-Rechtschreibförderung“

Bei Lese-Rechtschreibschwäche integriere ich unter anderem Stoff aus der Lautgetreue(n) Lese-Rechtschreib­förderung 2 von Reuter-Liehr in die Methode.

Die Autorin definiert nach sinnvollen Kriterien den Großteil der im Deutschen verwendeten Buch­staben als laut­getreu. Beispiel: Das häufig auftre­tende E/e bekommt das Etikett laut­getreu, das Ä/ä hinge­gen wird ausge­schlossen, weil es, kurz gesprochen, genauso klingt wie das kurze e (Gäste, ges­tern). So schafft Frau Reuter-Liehr eine recht klare Zuord­nung von Sprech­lauten und Buch­staben, was besonders das Schreiben für Lega­stheniker erleichtert. (Allerdings keine ein-eindeu­tige Zu­ord­nung, z.B. haben die meisten Vokale nicht nur eine unter­schiedliche Dauer, je nachdem, ob sie kurz oder lang gespro­chen werden, sondern auch eine unter­schiedliche Klang­qualität.)

Buchstaben- bzw. Lautfolgen werden nach ihrer Schwierigkeit durchgenommen – zuerst Verbin­dungen von einem Vokal mit einem Konso­nanten, z. B. „la“, am Ende dieses Lern­gebiets Verknüp­fungen mit meh­reren Konso­nanten, inklusive Verschluss­lauten (Plosive), z. B. in „Sport“. „Silben­bögen“ und das „Silben­schwingen“ erleich­tern die Erar­beitung der Silbe. Eine Reihe von sprach­lautbezo­genen Regeln wird peu à peu einge­führt; zu Beginn die zu den Endun­gen –el, -em, -en, -es (bei denen das e oft kaum hörbar ist oder der Schluss­laut vokalisiert wird), am Ende die Einfüh­rung der Mehrzahl-Regel zur Verschrif­tung des langen i als „ie“.
       Das Lernprogramm bis hierhin ist in sechs „Phonemstufen“ unterteilt. Diesen Teil habe ich in die Cere­mot-Methode inte­griert.

Danach folgt ein „Regeltraining“. Die Kinder lernen zwischen Anfangs-, Haupt- und Endmor­phe­men zu unter­scheiden und bauen dann ihre Regel­kenntnisse auf.
/Zurück zur Übersicht ()/

 

 

 

 

3. Zusatzinformationen zum Geschehen während der Anwendung der Methode

Dieses Geschehen lässt sich angemessen beschreiben als Abfolge, die parallel auf drei Beschreibungs­ebenen statt­findet - auf sozialer und auf psychischer wie auch Hirn-Ebene des Teilneh­mers. Ich berück­sichtige nur die Standard­situation, also die Einzel­sitzung, nicht die manchmal statt­findende Gruppen­sitzung.
    Hier werden die Veränderungen auf einer recht abstrakten Ebene beschrieben. Wie man sie bewirkt, ist bereits auf der Web-Seite „Neues und Bewähr­tes“ dargestellt (nämlich durch Einzel­methoden und Einzel­interven­tionen, die in die Form von Cere­mot-Folgen gebracht werden und entsprechend dem jeweiligen Ansatz­plan zur Anwendung kommen).


3. a                  Soziales Geschehen: Situation und Interaktion

Die Situation lässt sich bezeichnen als kurzzeitige Zweiergruppe zur kooperativen Steigerung einer bereichs­bezoge­nen Lern­fähigkeit.

Sie realisiert sich besonders durch

-  die Erwartungen der Teilnehmer an sich und an das Gegenüber als Träger der Rollen Anleiter und Klient und

-  die Festi­gung dieser Rol­len durch erwartungs­gerechtes Verhal­ten, also durch die Kommunikation von Anleiter und Klient.

(Die Situation wird also durch die Teilnehmer geschaffen. Sie lässt sich deshalb als Geschehen (im üblichen Sinn: Folge von Ereignissen oder Vorgängen) auf­fassen.)

Die Kommunikation ist während des Hauptteils der Methode in die klare Form der Ceremot-Folgen gebracht – siehe bitte genauer in „Kommu­nikation in Cere­mot-Folgen“, Punkt 1. c) der Webseite „Neues und Bewähr­tes“(). So lässt sich meistens die Hürde der „opera­tionalen Geschlos­senheit“ (Maturana/Varela3, bes. S. 145) des neuropsychi­schen Systems des Lernen­den überwinden. Im eben genann­ten Absatz ist skizziert, auf welche Weise; hier möchte ich kurz auf die Hürde selbst eingehen.

Bei Fragen im Grenzbereich von Biologie und Psychologie wird oft nicht nur die Sicht eines exter­nen Beob­achters auf das mensch­liche Nerven­system berück­sichtigt, sondern auch die Binnen­perspek­tive seines „Besitzers“, also dessen Erleb­niswelt. Man kann dann vom „neuro­psychischen System“ sprechen 4. Nach Erkennt­nissen der Biologen Maturana und Varela wie auch des Sozio­logen Willke ist das neuro­psychische System „opera­tional geschlos­sen“: Es kann durch äußere Ereig­nisse wie Mittei­lungen oder Vor­schläge anderer Perso­nen „nur zu eigenen Opera­tionen angeregt oder ange­stoßen, nicht aber deter­miniert werden […] - denn externe Deter­mination wäre das Ende" der zur Selbst­erhaltung nötigen Prozesse (Willke 5). Für jeden Anleiter, Lehrer oder jede sons­tige Person, die durch Inter­aktion etwas bei einem anderen Menschen bewirken will, bedeu­tet dies, dass sie auf eine Selbst­änderung des Klienten oder Lernen­den hinwir­ken muss. „Anstelle eines Verhält­nisses von externer Ursache und interner Wirkung, von Aktion und Folge, müssen wir das kompli­ziertere und indi­rektere Verhältnis von Autoren­schaft und Lektüre zugrunde­legen“ 6. Der Klient „,liest’ die ange­botene Inter­vention nach seinen eige­nen Regeln, nach seinem eige­nen Verständ­nis und im Kontext seiner eigenen Welt. (...) Die Konse­quenz daraus heißt nicht Belie­bigkeit, sondern Beschei­denheit und Risiko­bewußtsein.“ Dass die Hürde der opera­tionalen Geschlos­senheit zumin­dest mit der Methoden-Variante für Alte Sprachen sehr häufig zu über­winden ist, dass sich eine wirksame Form der Anre­gung von Selbstän­derung hat finden lassen, zeigen die Ergeb­nisse der durchge­führten Unter­suchung (siehe Web­seite „Wirksam­keit – weitere Erge­bnisse und Infor­mationen“ ()).

Die Rollenübernahmen und das Kommunizieren in Ceremot-Folgen schaffen die Voraus­setzungen auf der sozialen Ebene, um die ange­zielten Verände­rungen bei den Teilneh­mern und mit ihnen zu errei­chen.

3.b                  Geschehen in Hirn und Psyche der Individuen

Auf dieser Betrachtungsene ist nur das Geschehen beim Träger der Teilnehmerrolle während der Anwen­dung von Ceremot–Folgen inter­essant – in aller Regel kommt es nur bei ihm zu kurz­zeitigen Ände­rungen und später zu überdau­ernden Wand­lungen. Wand­lungen, die zu unter­scheiden sind in a) Geschehen im Gehirn und b) in psychi­sches Geschehen – nachfol­gend in Über­blicken.
       Damit die Darstellung besser nachzuvollziehen ist, wähle ich dafür die zeitliche Abfolge. Die der Struktur des Gegen­stands angemes­senere finden Sie in der zusammen­fassenden Tabelle.

 

 

 

3.b Geschehen während der Anwendung der Ceremot-Methode (Hauptteil),

Ebene des Individuums

 

 

ba) im Gehirn

bb) psychisches Geschehen

kurzzeitig

- Lücke -  Aufgrund einer über­zeu­genden Empfehlung lasse ich in dieser Tabellen-Zeile eine Lücke, ebenso im Text.

 

- Lücke -

 

dauerhaft

Umgestaltung funktionaler neuronaler Netze

(1) Verbesserung von Grund-Kompetenzen

(2) Umgestaltung von Netzwerken seman­tischen und kognitiv-prozeduralen Wis­sens (Faktenwissen und Denk-Fertig­keiten) = Auf­bau oder Ergänzung wis­sensbezogener Fähig­keiten


                  Kurzzeitige Veränderungen

 - Lücke - Aufgrund einer überzeugenden Empfehlung lasse ich an dieser Stelle eine Lücke, ebenso in der Tabelle.

 

                       Überdauernde Wandlungen

 

3.ba)                  auf Hirn-Ebene:

Intensive Signalflüsse, der materielle Teil der Reaktionen auf die Inter­ventionen, regen in den jeweils betei­ligten Neuronen­verbänden des thalamo-corticalen Sub­sy­stems 7 Re­ak­tions­kaskaden an: Ver­schie­dene Boten­stoffe werden ausgeschüt­tet, es folgen Gen-Expres­sion, Bildung von Ei­weißen bzw. Baustoffen und der Umbau eines Teils der betei­ligten Neuronen. In ihnen finden also mikro­anatomi­sche Ände­rungen statt. Dies hat zur Folge, dass sich auch das physio­logische Geschehen in diesen Nerven­zellen ändert. Die Ströme werden inten­siviert oder gehemmt, in einer Weise, die erst auf psychi­scher Ebene ihre Bedeu­tung zeigt.
      Auf der Hirn-Ebene kommt es also zu einer Umgestaltung funktionaler neuronaler Netze.

 

 

3.bb)                  Dauerhafte Wandlungen auf psychischer Ebene

Hier lassen sich Veränderungen feststellen, die oben als „Verbes­serung von Grund-Kompe­tenzen“ und „Aufbau oder Ergän­zung wissens­bezogener Fähig­keiten“ bezeichnet wurden (siehe Webseite „Neues und Bewähr­tes“ (), Punkt 2. „Komponenten“).

 

(1)                     Verbesserung von Grund-Kompetenzen.

 

Dazu ist nichts zu ergänzen. Deshalb nur die Zusammenfassung: Die gezielte Veränderung einer Auswahl von Grundkomponenten führt sehr häufig zur Verbes­serung der entspre­chenden Grundkompe­tenzen - also von Leistungs­motivation, Dauerkon­zentration, Merk­fähigkeit für Sach­verhalte, Stimmung, Routini­sierung und/oder Wahrnehmungs­schärfung. Die gestei­gerten Grundkom­petenzen wirken häufig in der Weise zusam­men, dass die Teilneh­mer ihr Vermögen zu geistiger Arbeit so verbessern, dass es durch Flow-Erleben gekenn­zeichnet ist oder zumin­dest in diese Richtung geht 8. (Flow-Erleben: Eine Person ist sehr stark auf ihre Tätig­keit konzen­triert und emp­findet ihr Tun als befrie­digend oder lustvoll, sie „geht ganz darin auf“.)

 

(2)                    Umgestaltung von Netzwerken seman­tischen und kognitiv-prozeduralen Wissens (Fakten­wissen und Denk-Fertig­keiten)

 

Der Aufbau oder die Ergänzung wissensbezogener Fähigkeiten lässt sich aus psycho­logischer Sicht als Umge­staltung von Netz­werken seman­tischen und kognitiv-proze­duralen Wissens verstehen, wobei die seman­tischen Netze meines Erach­tens hybriden Charakter haben.

 

 Fakten- oder semantisches Wissen lässt sich mit Netzwerkmodellen beschreiben („propo­sitio­nale Netzwerke“). Solche Netze beste­hen aber meines Erach­tens nicht nur aus Aus­sagen (Propo­sitionen), wie in gängigen Darstel­lungen angeführt, sondern haben wei­tere, davon unter­schiedene Bestand­teile; sie sind also hybrid. Anders­artige Bestand­teile sind:

 

-    Vorstellungen – verstanden als Repräsentationen von Dingen, die erst mit den Sinnen wahrge­nomme­n, dann gespei­chert worden sind und sich anschließend (teilweise) reproduzieren lassen  und

-    Repräsentationen von Bewertungen (konnotativer Aspekt).

 

Denk-Fertigkeiten bzw. kognitiv-prozedurales Wissen, wie zum Beispiel die Schrittfolge beim schrift­lichen Multi­plizieren, werden als Abfolge von verknüpf­ten Einzel­schritten verstanden; es handelt sich um eine prozes­suale Reprä­sentation. (Zwar werden die entsprechenden Inhalte oft auch als semantisches Wissen gespeichert, dies ist aber nur eine zweite Speiche­rung, separat von der prozes­sualen Repräsen­tation. Netz­werke kognitiv-proze­duralen Wissens sind nicht hybrid.

 

/Zurück zur Übersicht ()/
________________________________________________________________________________________

 


Anmerkungen

 

 

 

1  Matu­rana, Humberto R., Varela, F. J. (1987) – Der Baum der Erkenntnis. Die biolo­gischen Wurzeln mensch­lichen Erkennens; Bern u. München, orig. 1984
/Zurück ()/

1a Die Aneignung von mehr Wissenstoff lässt sich weiter differenzieren:

 -          Den Wissens­stoff in einer kurzen Zeitspanne, etwa im Rahmen eines Experiments, schneller erwer­ben als zuvor

 -          sich während einer üblicherweise nicht in Experimenten verwendeten Zeitspanne mehr Wissensstoff aneignen, etwa über eine Woche, meist nach selbstgewähltem Vorgehen.

 /Zurück ()/

 

2  Siehe besonders Band 1 des gleichnamigen Werks (Carola Reuter-Liehr: Lautgetreue Lese-Rechtschreib­förderung, Band 1: Eine Einführung in das strategiegeleitete Lernen zum Training von Phonem­stufen auf der Basis des rhythmischen Sylla­bierens; Bochum 2001, 2. durchge­sehene, Verlag Dr. Winkler) oder zusammen­gefasst: dieselbe, – Das Konzept der „Lautgetreuen Lese-Rechtschreib­förderung“; in: Schulte-Körne (Hg.) – Legasthenie und Dyskalkulie: Aktuelle Entwick­lungen in Wissen­schaft, Schule und Gesell­schaft; Bochum 2007, Verlag Dr. Winkler; S. 107 – 134)
/Zurück ()/

 

Matu­rana, Humberto R., Varela, F. J. (1987) – Der Baum der Erkenntnis. Die biolo­gischen Wurzeln mensch­lichen Erkennens; Bern u. München, orig. 1984
/Zurück ()/

 

Vgl. z. B. Mahner zur emergentistischen Identitätstheorie. Er verwendet den Begriff „neuropsychi­sches System“ allerdings nicht. – Mahner, Martin - Leib-Seele-Problem; in: Lexikon der Biologie in 15 Bänden; Heidelberg 1999 – 2004, Spektrum-Verlag.
/Zurück ()/

 

Willke, Helmut - Systemtheorie I; Stuttgart 2000, 6. überarbeitete, S. 62
/Zurück ()/

 

Willke, Helmut - Systemtheorie II: Interventionstheorie; Stuttgart u. Jena 1994, S. 95, dort auch das folgende Zitat.
/Zurück ()/

 

Es umfasst die Großhirnrinde (Cortex) und ein an Bewusstseins­prozessen konstant betei­ligtes, zentral gele­genes Areal des Zwischen­hirns.
/Zurück ()/

 

8 Eventuell handelt es sich um zwei ungleiche “Stile“, der beim Wissens­erwerb unter­schiede sich dann von dem bei der Anwen­dung. Es war mir (noch) nicht möglich, dies zu ermit­teln. Bei der Anwen­dung der Met­hode wird vorsichts­halber von einem Unter­schied zwischen Lernstil und Arbeits­stil ausge­gangen.

/Zurück ()/